"Working Equitation" oder "L' équitation de travail"
von Bernhard F. Franke
Was versteht man unter "Working-Equitation"?
"Working Equitation" ist eine im Trend liegende Reitweise, die auch als "Turnierdisziplin" etabliert werden soll. Die Bewegung hat bereits viele Freunde gefunden und in vielen Reitvereinen wird diese Turnierdisziplin mittlerweile gepflegt und gefördert. Leider nicht immer auf der Basis der authentischen Arbeitsreitweisen.
Grundsätzlich versteht man jedoch unter "Working Equitation" nicht eine Turnierdisziplin sondern in erster Linie eine "Reitweise". So wird dies zutreffener Weise auch bei Wikipedia wie folgt beschrieben:
Working Equitation, auch Arbeitsreitweise (englisch: Working Equitation), ist eine Reitdisziplin, welche auf traditionellen Reitweisen beruht. In den südeuropäischen Ursprungsländern der Arbeitsreitweise sind die Begriffe „Equitação de trabalho“ (Portugal),"equitaciòn de trabajo" (Spanien), „Doma di lavoro“ (Italien) und in Frankreich „L’équitation de travail“ gebräuchlich.
Als "Working-Equitation" werden daher generell alle Arbeitsreitweisen bezeichnet, welche sich in vielfältiger Weise sowohl im alten Europa wie auch später in den "neuen Welten", wie Nord- und Südamerika sowie Australien entwickelt haben. Sie basieren alle auf den ursprünglich "militärischen" Reitweisen der großen Reiterheere. Bereits zu Beginn unserer Zeitrechnung entwickelte sich eine Reitweise zum Zwecke des berittenen Kampfes. Diese militärische Reitweise ist uns insbesondere durch die historischen Ritter geläufig. Noch bis ins ausgehende 19. Jahrhundert waren die berittenen Heere von ausschlaggebender strategischer Bedeutung. Gleichzeit entwickelten sich auf dieser Basis insbesondere in Südeuropa die Arbeitsreitweisen der Viehhirten.
Die Arbeitsreitweise - "Équitation de travail" (Gardian-Reitweise) - der Gardians, der Stierhirten aus der Camargue, kann daher zusammen mit den anderen iberischen Arbeitsreitweisen als Mutter aller Arbeitsreitweisen bezeichnet werden. Der Name "Gardian" kommt von der französischen Bedeutung des Wortes "gardée" welches bewahren oder bewachen (hüten) bedeutet.
Die Arbeitsreitweisen von Spaniern und Portugiesen sowie die verschiedenen Arbeitsreitweisen aus Süd- und Nordamerika basieren sämtlich auf einer sehr ursprünglichen und einfachen, ja man kann auch sagen "primitven" Arbeitsreitweise der Südeuropäer, die den primären Zweck verfolgte, Rinder zu hüten. Im Verlauf der Jahrhunderte wurde die ürsprünglich primitive Arbeitsreitweise in Spanien und Portugal verfeinert und landestypisch ausgeprägt. Ebenso entwickelte sich die Western-Reitweise in ihren unterschiedlichen Prägungen sowie die Arbeitsreitweisen der Gauchos in Südamerika und auch die Arbeitsreitweise der Viehhirten in Australien mit den bekannten australischen Stockksätteln.
Die Ritter und die Kavallerie
Vorläufer der Arbeitsreitweisen waren zweifellos auch die berittenen Heere des Altertums und des Mittelalters. Auch die Kavallerie der Neuzeit hat sich parallel zu den neuzeitlichen Arbeitsreitweisen entwickelt. Einen Einblick in die Traditionen der Kavallerie erhalten Sie unter Kavallerie
Gemeinsamkeit aller Arbeitsreitweisen.
Alle Arbeitsreitweisen haben insbesondere eine Gemeinsamkeit: Sie werden immer einhändig geritten! Ausgenommen
hiervon sind lediglich junge Pferde, welche sich in Ausbildung
befinden. Diese werden in der Zeit der Ausbildung auf "vier Zügeln" -
also zusätzlich mit den beiden Zügeln des Cavecons geritten, um sie auf
die einhändige Reitweise vorzubereiten.
Ein weiteres Merkmal jeder Arbeitsreitweise ist der tiefe Sitz des Reiters in allen Gangarten, der einen wesentlichen Unterschied zur englischen Reitweise mit ihrem "leichten Sitz" darstellt.
Einige Arbeitsreitweisen haben sich auch spezifisch in Bezug auf eine bestimmte Pferderasse entwickelt oder eine Pferderasse wurde speziell für die besonderen Anforderungen dieser landestypischen Arbeitsreitweisen gezüchtet.
Die Arbeitsreitweise der Gardians mit ihren Camargue-Pferden.
In der Camargue - hier lebten und arbeiteten einfache und arme Leute - entwickelte sich, auch basierend auf den dort lebenden Camargue-Pferden eine Arbeitsreitweise, welche keine hohen Ansprüche in Bezug auf einen verfeinerten Reitstil erhob. Hier kam es im wesentlichen darauf an, mit den wendigen und schnellen Camargue-Pferden die dort in den Sümpfen lebenden kleinen aber auch sehr wilden und gefährlichen schwarzen Stiere einzufangen. In Gruppen mussten die Reiter einzelne Stiere aus den Herden selektieren und dabei unter schwierigsten Umständen ihr Pferd stets unter Kontrolle haben. Hier kommen den Gardians die besonderen genetischen Eigenschaften des Camargue-Pferdes entgegen, denn das Camargue-Pferd hat einen angeborenen "Cowsens", ein hohes Maß an Gelassenheit und insbesondere die erforderliche Leistungsbereitschaft sowie Schnelligkeit und Ausdauer, wenn sie gefordert wird.
Die traditionelle Arbeitsreitweise der Gardians hat sich bis heute kaum verändert. Wenn auch zu früheren Zeiten nicht immer sehr sensibel geritten wurde, hat sich heute jedoch auch bei dieser sehr ursprünglichen Reitweise ein hohes Maß an Sensibilität eingestellt. Der gute Carmargue-Reiter reitet sein Pferd heute mit leichtesten Hilfen, ohne dabei die Tradition zu verleugnen.
Sowohl im Ursprungsgebiet der Camargue-Pferde wie auch in Deutschland werden die besonderen Fähigkeiten dieser Pferde auch in Turnieren vorgestellt. Bei den vielen Volksfesten der Camargue sind die Camargue-Pferde in ihrer traditionellen Zäumung und Reitweise zusammen mit den schwarzen Stieren ein unabdingbarer Bestandteil und es wurden bereits seit der Wiederbelebung der Traditionen in der Camargue durch den Marquis de Baroncelli - also in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts - Wettbewerbe in dieser traditionellen Arbeitsreitweise gepflegt. In Deutschland werden jährlich ebenfalls "Gardian-Turniere" nach dem offiziellen Reglement des Ursprungsgebietes veranstaltet.
Die authentischen Arbeitsreitweisen in Europa.
Neben der authentischen Arbeitsreitweise der franzöischen Stierhirten aus der Camargue, die als
"L'equitation de travail"
bezeichnet wird, sind insbesondere noch die folgenden europäischen Arbeitsreitweisen als authentisch anzusehen:
"Doma de trabajo" oder "Doma Vaquera" (Spanien)
"Equitacao de trobalho" (Portugal)
"Monte de lavoro" (Italien)
Alle diese "authentischen" Arbeitsreitweisen haben im Verlaufe von Jahrhunderten ihre eigenen Traditionen entwickelt.
Vereinigungen "working equitation".
Unter der allgemeinen Bezeichnung "working equitation" haben sich in den letzten Jahren Freunde der
verschiedenen Arbeitsreitweisen auch multinational etabliert, um die Tradition "ihrer" Arbeitsreitweise zu pflegen. Hier sind insbesondere die europäischen
Arbeitsreitweisen und selbstverständlich auch die aus diesen
hervorgegangenen Nord- und Südamerikanischen Arbeitsreitweisen
vertreten. Daneben soll auch die Arbeitsreitweise der "Australian Stockhorses" mit ihren typischen Arbeitssätteln nicht unerwähnt bleiben, die selbstverständlich ebenfalls aus der europäischen Arbeitsreitweise entwickelt wurde. Das gleiche gilt für die süd- und mittelamerikanischen Gauchos mit ihren landestypischen regionalen Pferderassen.
Die bereits seit langem bekannten sogenannten "Westernreiter" spielen hier zahlenmäßig ebenfalls eine bedeutende Rolle, wobei diese Reitweise nicht ausschließlich als Arbeitsreiweise gepflegt wird. Man kann die Westernreitweise heute eigentlich mehr als "Showreitweise" bezeichnen, denn auch in den USA wird diese Reitweise überwiegend in den Westernshows gezeigt. Als "authentische" Arbeitsreitweise existiert die Westernreitweise schon lange nicht mehr. Die in den USA lebenden Rinder werden heute vom Hubschrauber aus überwacht und mit dem Geländewagen gehütet. Die Authentizität der amerikanischen Arbeitsreitweisen ist heute leider weitgehendst verloren gegangen.
Reitweise "Western".
Viele Freizeitreiter auch in Europa pflegen den sogannten "Westernreitstil" in unterschiedlichen Variationen jedoch in der Regel ziemlich inkonsequent. Hierfür spricht, dass diese Freizeitreiter häufig beidhändig reiten und nicht immer Verständnis für die unabdingbar leichten Hilfen einer Arbeitsreitweise haben. Auch die unterschiedlichsten Pferderassen, welche bei den Westernreitern zum Einsatz kommen, tragen nicht immer dazu bei, ein authentisches Bild einer Arbeitsreitweise abzugeben. So werden auch viele Voll- und Warmblutrassen als Westernpferde geritten, die jedoch aufgrund ihrer Genetik weder über den berühmten "Cowsens" noch über die nötige Gelassenheit für die Rinderarbeit verfügen. Auch
das weit verbreitete Quarterhorse ist hier ein zutreffendes Beispiel, denn es wurde ja ursprünglich als Rennpferd für die
Viertelmeile gezüchtet und keinesfalls als Arbeitspferd der Cowboys
eingesetzt. Trotz alledem ist das Quarterhorse heute in der Westernreitscene das bevorzugte Reitpferd.
Auch in Deutschland hat sich bereits seit vielen Jahren eine Turnierszene der Westernreiter entwickelt. Hier findet man auch sehr engagierte Reiterinnen und Reiter, welche diese Turnierdisziplin in Anlehnung an frühere Traditionen der "Cowboys" pflegen. Als älteste Organisation dieser Turniere hat sich die EWU bundesweit etabliert.
Klicken Sie hier unter
um näheres über die Westernreitweise zu erfahren.
Reining - ein Teil der Westernreitweise -
Mit "Reining" bezeichnet man eine Disziplin des Westernreitens, die als einzige Turnierdisziplin von der FEI - der internationalen Reiterlichen Vereinigung und der FN als Reitsportdisziplin anerkannt ist und entsprechend betreut wird. Das Reglement für diese Turnierdisziplin beinhaltet wesentliche Züge einer Arbeitsreitweise, die im amerikanischen Mittelwesten ausgeübt wurde. Die Ausrüstung (Sättel, Zäumung und Kleidung) orientiert sich daher streng an den Vorbildern, den sogannten "Cowboys".
Aber in der Welt der "Westernreiter" ist das "Camargue-Horse" ebenfalls eine beachtete Größe! Viele Beiträge im englisch-sprachigen Raum zeugen davon, so dass man das "Camargue-Horse-Riding" ebenfalls zum Kreis der "Westernreiter" zählen kann. Für alle englisch-sprachigen Pferdefreunde daher hier ein sehr informatives Video unter
Vereinigung einer Turnierzisziplin unter der Bezeichnung "WAWE".
Die Pflege der Arbeitsreitweise als Turnierdisziplin hat in Portugal seinen Ursprung genommen. Hier wurde erstmals unter der Bezeichnung "WAWE" eine Vereinigung zur Pflege der portugisischen Arbeitsreitweise mit Lusitanopferden ins Leben gerufen. Aus diesen Anfängen heraus hat sich dann auch international in verschiedenen Ländern eine Turnierzsene entwickelt.
Die Trunierdisziplin einer Arbeitsreitweise in Deutschland unter der Bezeichnung AWED.
In Deutschland existiert seit dem Jahre 2009 ebenfalls ein Arbeitskreis unter der Bezeichnung "Arbeitskreis Working Equitation Deutschland" (AWED). Dieser ist ein loser Zusammenschluß von Reiterinnen und Reitern sowie von einigen professionellen Ausbildern, die eine an die verschiedenen Arbeitsreitweisen angelehnte Turnierdisziplin unter der Bezeichnung "WORKING EQUITATION" pflegen.
Über die neu begründete Turnierdisziplin finden Sie weitere Informationen über den Arbeitskreis unter
www.working-equitation-deutschland.de
Diese neuen Gruppierungen in verschiedenen europäischen Ländern zur Förderung einer Turnierdisziplin haben jedoch sehr unterschiedliche Ziele und Anforderungen entwickelt. So hatte die in Purtugal begründete WAWE ursprünglich das Ziel, die dort seit Jahrhunderten gepflegte und sehr authentische Arbeitsreitweise mit den dort gezüchteten "Lusitanos" zu fördern. Bruno Rodrigues da Silva vertritt diese Tradtion in unverfälschter Weise. Klicken Sie unter
um einen Einblick in seine Arbeit zu erhalten.
Der Spanier Manolo Oliva Ramos hat durch seine Aktivitäten in Deutschland ebenfalls dazu beigetragen, dass die authentische Arbeitsreitweise unter der Bezeichnung "Doma Vaquera" weitere Anhänger gefunden hat. Hier der Link zu Manolo Oliva:
Weiterhin haben sich Ausbilder für diese traditionellen Reitweisen in Deutschland etabliert.
Die nachfolgenden Links zeigen eine kleine Auswahl qualifizierter Ausbildungsbetriebe für die iberischen Arbeitsreitweisen:
Das Reglement des Arbeitskreises AWED für eine Turnierdisziplin "Working Equitation" ist nunmehr durch ein neues Reglement des WED e.V. ersetzt worden.
Leider berücksichtigte das Reglement der AWED, das als als
"offizielles Regelwerk für die
Arbeitsreitweise Deutschland" (Nationales Regelwerk der AWED 2014)
bezeichnet wurde, nur unzureichend die
Traditionen der authentischen Arbeitsreitweisen und insbesondere auch
die der Gardian-Reitweise. Auch wenn es sich bei dem Reglement nur um
ein Regelwerk für eine Turniersisziplin handelt und keinesfalls als
"offzielles" Regelwerk galt, musste dieses aus der Sicht
der authentischen Arbeitsreitweisen kritisch betrachtet werden.
Einige
Passagen dieses Regelwerkes waren für die traditionell gepflegten und
authentischen Arbeitsreitsweisen nicht geeignet. So wurden den
Teilnehmern deutscher Nationalität
besondere Einschränkungen auferlegt, die nicht dem Geiste einer
internationalen Ausrichtung entsprachen. So war in diesem Regelwerk u.a.
vorgesehen, dass "die Verwendung von Kleidungsstücken, ...Sätteln und
Zäumungen, die anderen Reitkulturen angehören .... mittelfristig bei Reitern Deutscher Nationalität nicht mehr
erwünscht sind."
Die neue Vereinigung "W.E.D. e.V."
Im Jahre 2012 hat sich eine weitere Vereinigung zur Pflege der Arbeitsreitweise unter der Bezeichnung WED begründet.
Roland Kunze, der vor längerer Zeit den Einstieg in die Arbeitsreitweise durch ein Camargue-Pferd gefunden hat, gründete 2012 eine neue Vereinigung unter der Bezeichnung "WED e.V." Näheres hierzu findet Ihr unter dem nachfolgenden Link:
Roland Kunze und seine Mitstreiter haben nunmehr ein Reglement bekannt gegeben, welches weitgehendst neutral gehalten ist und die authentischen Arbeitsreitweisen mit ihren Traditionen einbezieht. Lediglich bei der Akzeptanz des "Cavecon", dem Kappzaum der Camargue-Reiter, der in der Ausbildung verwendet wird, besteht offensichtlich noch Bedarf, das elementare Missverständnis über die Wirkungsweise aufzuklären. Das neu überarbeitete REGLEMENT 2015 hat eine Regelung für die Klasse "WM Mittelschwere Klasse- beidhändig" aufgenommen, welche für die Reiter der Camargue-Reitweise akzeptabel erscheint. Leider mit der Einschränkung, dass diese eine Kandare mit Unterlegtrense (vergl. Portugiesische Zäumung) benutzen müssen, welche nicht der Camargue-Tradition entspricht. Dies insbesondere deshalb, weil ein Cavecon (Kappzaum) nicht erlaubt ist.
Ein Ausweg wäre, hier wenigstens ein Verschnallen der traditionellen Caveconzügel am Nasenriemen des Kopfstückes oder eine Zäumung mit Pluvinel zu gestatten, damit der vierzügeligen (beidhändigen) Reitweise in dieser Klasse entsprochen wird. Das Pluvinel (siehe unter Wikipedia "Antoine de la Baume Pluvinel (* 1555; † 1620) steht dabei mit Sicherheit nicht im Verruf, den tierschutzrechtlichen Gedanken zu verletzen, denn es kann ebenfalls nicht als "den Atem einengend" betrachtet werden. Auch die Zulassung des Martingal wäre dann zu wünschen, da hier ebenfalls der Tierschutz nicht verletzt ist.
In der Vergangenheit wurde in verschiedenen Foren von "facebook" über das Thema "Reglement" umfangreich diskutiert. Hier zeigte sich, dass viele "Neulinge" in dieser Reitweise eine Klärung der unterschiedlichen Vorstellungen wünschen. Die "Traditionalisten" - also die Vertreter einer authentischen Arbeitsreitweise haben hier weniger Bedarf an Aufklärung, denn sie richten sich ohnehin nach den Vorgaben aus den Ursprungsgebieten. Um so erfreulicher ist es, nunmehr feststellen zu können, dass das frühere Reglement des AWED in der Turniersdisziplin nicht mehr angewendet wird und alleine der WED e.V. mit seinem Reglement offizieller Ausrichter von Turnieren des WAWE (World Assosiation for Working Equitation) ist.
Working Equitation International
Das internationale Regelwerk der Working Equitation International hat lediglich für die Arbeitsreitweise der Portugiesen ein Reglement auch bezüglich der verwendeten Zäumung aufgestellt und überlässt für die anderen authentischen Arbeitsreitweisen die Regelung den jeweiligen Regionalen und rassespezifischen Gepflogenheiten der Ursprungsgebiete und den nationalen Vereinigungen, die der WAWE angeschlossen sind. Dies ist eine sinnvolle und praktikabele Regelung, denn damit werden am Beispiel der Camargue-Pferde mit der Gardian-Reitweise die traditionellen Ausrüstungen und Zäumungen akzeptiert. Näheres können Sie unter dem nachfolgenden link nachlesen:
INTERNATIONAL WORKING EQUITATION
REGULATIONS
2013
World Association for Working Equitation- WAWE
Es wäre sinnvoll, dass bei Turnieren der "Working Equitation-Bewegung" und den authentischen Arbeitsreitweisen ebenfalls das Reglement des jeweiligen Ursprungsgebietes angewendet wird.
Das Erlernen und die Pflege einer Arbeitsreitweise.
In diesem Zusammenhang kann und muss erneut festgestellt werden, daß die
Gardian-Reitweise - also die südfranzösische Arbeitsreitweise - ebenso
wie die iberischen Arbeitsreitweisen als Ursprung aller anderen
Arbeitsreitweisen anzusehen sind. Eine Ausbildung in der
Gardian-Reitweise ist daher sicherlich die allerbeste Voraussetzung, die Grundlagen einer
Arbeitsreitweise zu erlernen.
Die Vorteile für Anfänger, Spätberufene und Seiteneinsteiger
Die "Arbeitsreitweise" bietet gerade den Freizeitreitern, die keine Neigung haben, an Turnieren und besonderen sportlichen Wettbewerben teilzunehmen, viele Vorzüge, die bei der üblichen sogenannten "englischen Reitweise" nicht gegeben sind. Alle Arbeitsreitweisen haben gemeinsam, dass sie ein hohes Maß an Effizienz und Sicherheit bieten. Auch das "Erlernen" einer Arbeitsreitweise ist vergleichsweise einfach, denn sowohl Sättel und Zäumung der authentischen Arbeitsreitweisen haben sich oft durch jahrhundertlange Erprobung bewährt.
Kurse in der Gardian-Reitweise können Sie
auch bei Jean-Pierre Godest belegen.
Klicken
Sie hierzu auf
um näheres hierüber zu erfahren.
Die Traditionen der Arbeitsreitweisen haben sich über Jahrhunderte praxisnah entwickelt
Bereits seit mehr als zweitausend Jahren haben die Pferde aus dem Rhonedelta die Reiterei geprägt. Zunächst wurden diese kleinen und wendigen aber ebenso robusten und zähen Wildpferde in den Heeren der Römer und den anderen Heeren dieser Zeit als sogenannte "leichte Kavallerie" eingesetzt. Zu Zeiten der Römer auch wegen ihrer Wendigkeit und Schnelligkeit bei den berühmt-berüchtigten Wagenrennen. Ab dem 7. Jahrhundert wurde dann der Steigbügel eingeführt und die Zäumung der Pferde verbessert, so dass danach erstmals von einer "Ausbildungsphilosophie" bei den Reiterheeren gesprochen werden konnte. Die großen Rittmeister der späteren Jahrhunderte hielten dann diese Erfahrungen der Reiterei in ihren Werken fest und entwickelten ihre Vorstellungen auf der Basis der gängigen Praxis. Dies insbesondere zur "Lehre" der "Reiterei", die bis dahin alleine auf der praxisorientierten Erfahrung Einzelner beruhte.
Das erste umfassende und als "Lexikon" der Reiterei zu bezeichnende Werk "École de Cavalerie" wurde dann von François Robichon de la Guérinière (* 1688; † 1751)
*) (http://de.wikipedia.org/wiki/Fran%C3%A7ois_Robichon_de_la_Gu%C3%A9rini%C3%A8re)
veröffentlicht. Guérinière beschreibt hier die verschiedenen Ausbildungsmethoden und stellte seine Thesen auf, die auch heute noch ihrem Grundsatz nach anerkannt sind. Auch weist François Robichon de la Guérinière darauf hin, dass es unterschiedliche Methoden gibt, mit denen ein Ziel in der Ausbildung erreicht werden kann. Er macht in einem seiner Leitsätze deutlich, dass diese unterschiedlichen Methoden immer vom Pferdetyp und vom Verwendungszweck des Pferdes abhängig sind.
Ein anderer Leitsatz ist ebenfalls heute sicher unbestritten: "Als Ausbilder stehen wir in der Verantwortung mit unseren reiterlichen Fähigkeiten die Qualität des Reitens zu fördern. Doch ist es wirklich auch so, dass das Können und Wissen der Reiter auf eine höhere Ebene gelangt ist? Oder bewegt sich die Reiterei auf einem Irrweg, der zu Überforderung führt und durch selbsternannte Experten alternativer Reitweisen, die häufig von falsch verstandener Tierliebe gekennzeichnet sind und uns daher auf einen falschen Weg bringen?"
Daher ist das Wissen um reiterliche Hilfsmittel, deren Wirkung und die Anforderungen an die Reiter wichtig aber auch nicht unmöglich zu erreichen sind.
Es ist also opportun, auf die bewährten Hilfsmittel der jahrhunderte alten Traditionen und Empfehlungen zurückzugreifen und einfache und klare Erkenntnisse auch heute noch bei der Ausbildung von Pferd und Reiter anzuwenden. Eine "Überfrachtung" mit praxisfernen Thesen und überzogenen Ansprüchen, die oft "guruhafte" Züge annehmen, sind dabei nicht hilfreich sondern überfordern in den meisten Fällen. Auch die beschriebene "falsche Tierliebe" und das Unverständnis über die Wirkungsweise der eingesetzten traditionellen Hilfsmittel führt oft zu gotesken Ergebnissen. So ist das
Verbot von Hilfszügeln in einem Regelwerk für eine Turnierdisziplin nur schwer zu begründen, denn das stehende
Martingal ist ein unverzichtbarer Teil der Tradition und insbesondere
bei korrekter Verschnallung ein absolut angemessenes Hilfsmittel bei der praxisnahen Ausbildung der jungen Stierpferde aus der Camargue.
Das Martingal wird bei der traditionellen Zäumung der Gardians niemals so kurz geschnallt, dass das Pferd "zwangsweise" versammelt geht, d.h., dass der Kopf des Pferdes nicht permanent nach unten gehalten
wird. Dies ist auch nicht erforderlich, denn Camargue-Pferde gehen
aufgrund ihrer besonderen Anatomie, welche durch einen sehr kurzen
Rücken und tiefen Halsansatz gekennzeichnet ist, sowieso auf natürliche
Weise versammelt, also nicht auseindanerfallend, wie andere
Pferderassen. Das Matingal dient ausschließlich dazu, das extreme und unangemessene "Hochnehmen" des Pferdekopfes als Reaktion auf hektische Aktionen während der Arbeit zu verhindern! Das Martingal der Gardians hat keinerlei Bezug zu Stosszügeln, die bei der sogenannten "Rollkur" verwendet werden, um durch permanentes Training das Pferd gefügig zu machen und daher von Tierschützern mit Recht abgelehnt wird.
Das Martingal der Gardians ist insbesondere n i c h t über das G e b i s s wirksam, so daß es auch nicht mit den negativen Einwirkungen eines Stosszügels vergleichbar ist. Das Verbot in einem Regelwerk ist demgemäß nicht nachvollziehbar.
Bedauerlicher Weise ist vielen der gravierende Unterschied zwischen Stosszügel und Martingal nicht geläufig, so daß diese Unkenntnis zu einem elementaren Missverständnis über die Wirkungsweise des Martingals - ebenso wie das elementare Missverständnis über das Cavecon - führt ! (Siehe auch bei Wikipedia unter "Stehendes Martingal" und "Gleitendes Ringmartingal")
Ebenfalls ist nicht nachvollziehbar,
warum das Cavecon als Ausbildungsinstrument junger Camargue-Pferde
"nicht erwünscht" ist. Das Missverständnis mit diesem bewährten Teil der
traditionellen Camargue-Zäumung hat sich also auch bei vielen Reitern der
" Working- Equitation-Scene" noch nicht herumgesprochen. Das Cavecon ein seit dem Altertum bekanntes und bewährtes Ausbildungsinstrument zur s c h o n e n d e n Ausbildung junger Pferde! (Siehe auch meine
Ausführungen zum Thema "Cavecon" unter "Ausbildung und Reitweise"). Das Cavecon steht dem Tierschutzgedanken keineswegs entgegen.
Das Bemühen,
eine Turnierdisziplin "Working
Equitation" international zu etablieren, kann jedoch
nur erfolgreich sein, wenn alle traditionellen Arbeitsreitweisen in
ihrem Bestand hinreichend und unter voller Einbeziehung der
traditionellen Besonderheiten jeder Reitweise Berücksichtigung finden und dies insbesondere auch unabhängig von der Nationalität der Teilnehmer! So ist denkbar, dass "nationale" Teams in den klassisch-traditionellen Arbeitsreitweisen gebildet werden können und diese dann auch an internationalen Wettbewerben teilnehmen. Wir findet sich in Deutschland eine Vielzahl von Reitern, welche die Traditionen der unterschiedlichen klassischen Arbeitsreitweisen hingebungsvoll pflegen.
Insbesondere hat auch neben den Camargue-Reitern die spanische Arbeitsreitweise "Doma Vaquera" eine große Fangemeinde in Deutschland, welche die Tradition dieser Arbeitsreitweise pflegt.
Soweit eine Deutsche Nationalequipe für eine neu zu begründende "Deutsche Arbeitsreitweise" aufgestellt werden soll, muss jeder "Camargue-Reiter" die Entscheidung seiner Teilnahme unter den Vorgaben des Regelements für sich selbst treffen, da bislang bei dem Reglement die traditionellen Eigenarten der authentischen Arbeitsreitweisen nicht hinreichend berücksichtigt werden, denn das „gute und pferdegerechte“ Reiten muss im Kopf beginnen und verbessert sich mit Übung. Es ist dabei nicht abhängig von der benutzten Ausrüstung, wenn eine „Philosophie“ (Tradition) dahinter steht!
Einblick in die Szene der neuen Trunierdisziplin
"Working Equitation" erhalten Sie auch bei CAVALLO unter
bei der entsprechneden Themensuche "Working-Equitation"!
Auch die folgenden Video-Beiträge geben einen Einblick in die authentische Arbeitsreitweise der Gardians und deren Traditionen, die auch in der Turnierdisziplin "Working Equtation" besondere Beachtung finden müssen:
NEU: Kurse in Working Equitation!
Die historische Entwicklung
Alle uns bekannten authentischen Arbeitsreitweisen haben eine mehr oder auch weniger lange Entwicklung in der Praxis erfahren. Eine der ältesten ist die der südfranzösischen Stierhirten, den Gardians, mit ihren Camargue-Pferden.
In der Camargue - hier lebten und arbeiteten einfache und arme Leute - entwickelte sich, auch basierend auf den dort lebenden Camargue-Pferden eine Arbeitsreitweise, welche keine hohen Ansprüche in Bezug auf einen verfeinerten Reitstil erhob. Hier kam es im wesentlichen darauf an, mit den wendigen und schnellen Camargue-Pferden die dort in den Sümpfen lebenden kleinen aber auch sehr wilden und gefährlichen schwarzen Stiere einzufangen. In Gruppen mussten die Reiter einzelne Stiere aus den Herden selektieren und dabei unter schwierigsten Umständen ihr Pferd stets unter Kontrolle haben. Hier kommen den Gardians die besonderen genetischen Eigenschaften des Camargue-Pferdes entgegen, denn das Camargue-Pferd hat einen angeborenen "Cowsens", ein hohes Maß an Gelassenheit und insbesondere die erforderliche Leistungsbereitschaft sowie Schnelligkeit und Ausdauer, wenn sie gefordert wird.
Sowohl im Ursprungsgebiet der Camargue-Pferde wie auch in Deutschland werden die besonderen Fähigkeiten dieser Pferde auch in Turnieren vorgestellt. Bei den vielen Volksfesten der Camargue sind die Camargue-Pferde in ihrer traditionellen Zäumung und Reitweise zusammen mit den schwarzen Stieren ein unabdingbarer Bestandteil und es wurden bereits seit der Wiederbelebung der Traditionen in der Camargue durch den Marquis de Baroncelli - also in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts - Wettbewerbe in dieser traditionellen Arbeitsreitweise gepflegt. In Deutschland werden jährlich ebenfalls "Gardian-Turniere" nach dem offiziellen Reglement des Ursprungsgebietes veranstaltet.
Ursprünglich pflegten die Gardians in der Camargue keine besonderen "Wettbewerbe" also Turniere auszutragen, sondern sie präsentierten sich dem Publikum und ihren Freunden und den Mitgliedern ihrer Berufsgruppe in spielerischen Übungen bei Volksfesten, wie dies auch heute noch vielfach üblich ist. Hier ist im besonderen das "Le jeu du bouquet ", das Blumenspiel zu erwähnen, bei welchem eine Gruppe von Reitern einem anderen Reiter versuchen, den Blumenstrauß "abzujagen", den dieser dann der "Dame seines Herzens" überreichen wird. Es versteht sich von selbst, dass hierbei eine "wilde Jagd" nach dem Reiter mit dem Blumenstrauß stattfindet und dieser versucht, den Verfolgern durch unvermittelte Wendungen und Stops zu entkommen. Diese schnelle im Galopp gerittene Spiel begeistert die Zuschauer immer wieder. Gleichzeitig "üben" die Gardians damit quasi das "Einfangen und Verfolgen" der kleinen schwarzen Stiere der Camargue, was letztendlich ihre tägliche Aufgabe ist. Auch heute wird dieses Spiel noch immer von den Reitern der Camargue gerne ausgetragen, obwohl nicht mehr allzuviele den Beruf des "Gardian" ausüben.
Die authentischen Arbeitsreitweisen in Europa.
Neben der authentischen Arbeitsreitweise der franzöischen Stierhirten aus der Camargue, die als "L'equitation de travail" bezeichnet wird, sind insbesondere noch die folgenden europäischen Arbeitsreitweisen als authentisch anzusehen:
"Doma de trabajo" oder "Doma Vaquera" (Spanien) , "Equitacao de trobalho" (Portugal) und "Monte de lavoro" (Italien).
Die Arbeitsreitweisen als Freizeitsport
Eine Arbeitsreitweise als Freizeitsport auszuüben, wird immer populärer und es haben sich bereits sehr viele Pferdefreunde einer der eigenständigen Arbeitsreitweisen verschrieben. Viele unserer Reiter pflegen eine der authentischen Arbeitsreitweisen in sehr traditionbewusster Weise schon seit vielen Jahren, in dem sie sowohl im Hinblick auf die Pferderasse wie auch im Hinblick auf Zäumung und Ausrüstung sowie Kleidung die jeweilige Tradition sich penibel zu eigen machen. Andere nehmen es mit den erprobten Vorgaben der Traditionen nicht ganz so genau und pflegen eine Reitweise, die im weitesten Sinne ebenfalls als Arbeitsreitweise bezeichnet werden kann, obwohl hier die Grundlagen einer Arbeitsreitweise nicht immer konsequent verfolgt werden. Einige dieser Freizeitreiter kommen über die sogenannte "englische Reitweise" teils aus dem Bereich "Dressur" teilweise aber auch dem Bereich "Vielseitigkeit". Für diese Gruppe ist es oftmals schwierig, das einmal Gelernte und jahrelang Trainierte aus der englischen Reitweise abzulegen. Oftmals sind daher Anfänger oder Seiteneinsteiger leichter mit den Besonderheiten einer Arbeitsreitweise vertraut zu machen, obwohl sie ungeübt sind. Hier zeigt sich auch häufig sehr deutlich, dass der Sicherheitsgedanke bei den Arbeitsreitweisen und die einfacher umzusetzende Signalwirkung bei der Hilfengebung der Arbeitsreitweisen von großem Vorteil sind.
Die Besonderheiten aller Arbeitsreitweisen
Alle Arbeitsreitweisen zeichnen sich durch elementare Besonderheiten gegenüber der sogenannten "englischen Reitweise" aus, die gerade für den Freizeitreiter ebenfalls von größter Bedeutung sind. So haben alle bekannten und authentischen Arbeitsreitweisen zunächst den absoluten Sicherhheitsgedanken gemeinsam. Dies wird verständlich, wenn man den Sinn und Zweck einer Arbeitsreitweise betrachtet. Alle Arbeitsreitweisen verfolgen den Zweck, eine Arbeit mit dem Pferd zu verrichten, die es ermöglicht, schwierige und teilweise gefährliche Aufgaben zu erfüllen. Den meisten ist die Arbeitsreitweise der "Cowboys" zumindest aus den Westernfilmen oder aus den Erzählungen von Karl May oder dem Film "Winnetou" bekannt. Insoweit wird auch klar, warum die Gruppe der sogenannten "Westernreiter" zahlenmässig von so großer Bedeutung ist. Aber auch die Arbeitsreitweisen der Südeuropäer, insbesondere die der Spanier mit ihrer "Doma Vaquera" übt auf viele Reiter einen besonderen Reiz aus, da die "stolzen Spanier" mit ihren schönen und eindrucksvollen Pferden und durch die Nähe unserer Urlaubsziele auch immer wieder beeindruckt haben.
Hierzu wird weiteres ausgeführt unter der Rubrik
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